Echtzeitmessung der Sozialen Distanz

Worum geht es?

Social Distancing ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Ausbreitung einer ansteckenden Krankheit zu verlangsamen und letztendlich zu stoppen. Daher sind in der aktuellen #COVID19-Krise viele angeordnete Maßnahmen zur Reduzierung der Aktivitäten im öffentlichen Raum in den letzten Tagen behördlich angeordnet worden. Daraus ergeben sich folgende Herausforderungen:

  • Wie können Behörden vor Ort den Erfolg dieser Maßnahmen in ihren Kommunen überprüfen?
  • Wie können Bürger*innen sich über die soziale Distanz in ihrer unmittelbaren Umgebung informieren?
  • Wie können Data Scientists auf Aktivitätsdaten für die Entwicklung von Anwendungen zur Eindämmung der Corona-Krise zurückgreifen?
  • Wie können auf Basis der aggregierten Daten die Herausforderungen für die (Energie-) Wirtschaft begegnet werden?

Was ist der Lösungsansatz?

Mit der Projektidee soll die Weiterentwicklung einer prototypisch vorhandenen Open-Source Software vorangetrieben werden, welche die Soziale Distanz im öffentlichen Raum in Echtzeit messbar und verwertbar macht.
Mit Hilfe von vorhandenen Sensoren im öffentlichen Raum, wie beispielsweise Passantenfrequenzmessungen oder die Auswertung installierter Webcams, lässt sich die öffentliche Aktivität in Echtzeit gut und datenschutzkonform bestimmen. Hierbei reichen wenige Sensoren an ansonsten belebten Plätzen einer Kommune aus (beispielsweise Fußgänger*innenzonen). Durch die Aggregation dieser georeferenzierten Datenquellen wird die Metrik Social Distance Score bestimmt und in einem Dashboard visualisiert.
Das kann mit einer Kombination von Kartenansicht und Trenddarstellungen erfolgen. Die gesammelten Daten zur Bestimmung des Scores ermöglichen eine Vielzahl weiterer Anwendungsfälle, um den Herausforderungen, die aus der #COVID19-Krise entstanden sind, zu begegnen.
© Fraunhofer IOSB-INA
© Fraunhofer IOSB-INA
© Fraunhofer IOSB-INA

Vorarbeiten

Die nebenstehende Grafik zeigt beispielhaft den Social Distance Score (in Prozent) für die Innenstadt der Alten Hansestadt Lemgo. Diese Grafik wird seit Beginn der Corona-Krise täglich aktualisiert und dient dem Krisenstab für die Lagebeurteilung.

Das grundlegende Softwaresystem zur Echtzeitmessung der Sozialen Distanz wurde während des 48-Stunden-#WirVsVirus-Hackathon der Bundesregierung in dem Projekt https://everyonecounts.de/ unter ehrenamtlicher Mitwirkung von Mitarbeitern des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB
Institutsteil Industrielle Automation IOSB-INA und des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE entwickelt.

Das zweite Bild zeigt die derzeitige Systemarchitektur. Durch das soziale Engagement der Fraunhofer Mitarbeiter*innen aus beiden Instituten konnten bereits Beiträge in folgenden Bereichen geleistet werden:

  • Integration von Datenquellen in das Backend-System
  • Erste Strukturierung der Daten
  • Aufbau eines skalierungsfähigen Prototyps in der AWS Cloud
  • Visualisierung der Daten für die Präsentation des Projektes

Durch die Zusammenarbeit von Fraunhofer Mitarbeiter*innen als Teil der Community erreichte das Projekt eine sehr gute Platzierung von den insgesamt 1.500 bearbeiteten Projekten.

Das ca. 15 köpfige Kernteam des Projektes unterstützt die Idee einer professionellen Weiterentwicklung durch Fraunhofer ausdrücklich.

Eine durch uns bereits durchgeführte Auskopplung und Anpassung der aktuellen github Version für eine regionale Nutzung ist hier zu sehen: https://dashboard.lemgo-digital.de/social-distancing/

Durch die Integration vieler verschiedener Datenquellen stellt sich die Frage, inwiefern der Social Distance Score validiert werden kann. Dafür hat das Fraunhofer IOSB-INA bereits einen Prototyp einer SmartCityBox entwickelt. Diese SmartCityBox basiert auf dem Prinzip des Edge-Computings und ist durch ihre Modularität in der Lage vielfältige und anspruchsvolle Messaufgaben (z. B. Computer Vision) dezentral zu lösen; auch über die Corona-Krise hinaus.

Mit Hilfe dieser realen Referenzmessung können die Daten plausibilisiert werden. Eine solche Datenbasis bietet die Möglichkeit, durch Verfahren des maschinellen Lernens Hochrechnungen für andere Standorte zu berechnen und ebenso Prognosen für das Social Distancing.

Darüber hinaus sind auch noch weitere Anwendungsfälle, wie beispielsweise neue Energie-Lastprofile für Pandemien möglich: Aufgrund des derzeitigen Shut-Downs und der zunehmenden Home-Office Aktivitäten ist eine erhöhte Abweichung zu den bestehenden Standardlastprofilen zu erwarten. Damit entsprechend die energiewirtschaftlichen Prozesse besser das neue Lastverhalten abbilden können, ist die Erarbeitung von spezifischen Pandemie-SLP zu empfehlen.